
Raffi
Küstenmutti und die Erdbeermarmelade

Ja ja. Ich weiß. Laut EU-Vorschriften habe ich keine Marmelade gemacht, sondern Konfitüre. Für die noch Unwissenden unter uns: Eine Marmelade wird aus Zitrusfrüchten hergestellt - vielleicht versuche ich mich also demnächst mal ganz brav in einer OrangenMARMELADE, um mein ach so schlechtes Gewissen zu beruhigen. Immerhin habe ich ja auch einen kleinen Bildungsauftrag zu erfüllen...
Für die Besserwisser unter uns einigen wir uns doch sonst einfach auf "Brotaufstrich".
Ich habe heute also einen Erdbeer-Brotaufstrich gezaubert.
Nee. Im Ernst. Das sieht doch doof aus und hört sich auch doof an. Ich bleibe also bei Erdbeermarmelade.
Lebt damit oder klickt weiter.
Und warum ich es für wertvoll befinde, darüber zu schreiben? Ich meine, ich habe eingekocht. W O W. Wie aufregend.
Ich möchte mal eine Lanze für "Hausfrauentätigkeiten" brechen. Ich liebe es, zu backen, zu kochen und mittlerweile sogar die Gartenarbeit (wenn letzteres auch nur mit Handschuhen. Ich hasse Dreck unter den Nägeln und Käfer und Spinnen und... warum nochmal stehe ich eigentlich drauf?!). Es ist wie mit Kindern. Hättet ihr mich vor ein paar Jahren zu dem Thema befragt, hätte ich euch einen Vogel gezeigt und überheblich: "Ich doch nicht!" geantwortet. Wie blöd ich doch war.
Ich weiß gar nicht mehr genau, wann ich damit begonnen habe. Aber mittlerweile ist es meine Art, abzuschalten, zur Ruhe zu kommen. Ein Handgriff nach dem Anderen. Ich schaffe etwas Schönes. Etwas, zudem andere sich freuen. Das ist ein sehr befriedigendes Gefühl. Wenn die Marmelade abgefüllt ist und die Gläser beschriftet, oder wenn ein Kuchen gut gelungen und hübsch verziert ist, freue ich mich einen Keks. Manchmal sind es doch die einfachen Dinge, die einen glücklich machen können. Wir nehmen uns nur keine Zeit mehr dafür.
Ich werde oft gefragt: "Wann zur Hölle machst du das denn noch?!"
Ja, manchmal abends um elf. Oder wie heute um acht Uhr morgens, wenn Nr. Eins im Kindergarten und Nr. Zwei wieder im Bett ist. Klar könnte ich mich wieder hinlegen... aber ich kann es halt auch sein lassen. Wenn einem etwas Spaß macht, oder man es wirklich will, findet man Zeit. (Das Aufräumen danach macht allerdings nur halb soviel Spaß, aber auf die Wicheltmännchen warte ich bis heute vergeblich.)
Auch wenn noch keine Erdbeerzeit ist, leben wir ja in einer Zeit, in der man die meisten Lebensmittel fast immer fast überall kaufen kann. Wir könnten jetzt natürlich eine Debatte beginnen über das Für und Wider dieser Tatsache, über Umwelt und Globalisierung - aber in diesem Falle nehme ich es einfach mal als gegebenen Vorteil hin.
Meine Männer lieben Erdbeeren in jeder Konsistenz. Und Erdbeermarmelade sowieso. Als vor zwei Wochen das letzte Glas aus dem Sommer plötzlich leer war (ich gebe zu, ich habe getorft), brach ein Jammern ungeahnten Ausmaßes an. Nr. Eins verweigerte komplett die Nahrungsaufnahme, mein Mann bekam Depressionen, sein "Neeeeeeeiiiiiiiin!"-Gebrüll hörte man bis nach Chile.
Es wurde geweint, gezetert und geschrien, eine dunkle Wolke der Trauer hing über unserem Hause.
Übertreiben? Kann ich.
Seitdem ich allerdings selbst einkoche, haben wir schon seit Jahren keine Marmelade mehr gekauft - irgendwie schmeckt sie nicht mehr. Dementsprechend war es unter meiner Würde, jetzt ein Fertigprodukt besorgen zu müssen.
Beim Einkaufen im Supermarkt meines Vertrauens vor zwei Tagen erstand ich durch Zufall eine große Menge an schon erstaunlich leckeren Beeren - ja, schon jetzt, im Februar.
Und so stand ich heute also in der Küche, wusch, pürierte, rührte und füllte ab.
Schlicht, einfach und super, super lecker.
Ihr Lieben, die ihr es noch nicht ausprobiert habt: Versucht es doch mal. Es lohnt sich und es ist wirklich nicht schwer. Und auch nicht allzu zeitaufwendig (es sei denn, ihr schafft es wie ich, die komplette Küche dabei einzusauen). Ihr seht ja, ich habe sogar noch Zeit, jede Menge Blödsinn darüber zu schreiben.