
Raffi
Küstenmutti und die Trotzphase....
...warum Nr. Zwei froh sein kann, geboren zu sein....
Wie ein Mantra muss ich es mir momentan immer wieder sagen: Du liebst deine Kinder. Du wolltest es so. Du liebst deine Kinder. Du wolltest es so...
Ja, ich liebe meine Kinder. Und ich wollte es tatsächlich so. Trotzdem gibt es natürlich ein großes ABER.
Nr. Eins ist jetzt ziemlich genau dreieinhalb Jahre alt und steckt grade lehrbuchmäßig in der Trotzphase.

Schon immer sehr willensstark, wild und wissbegierig, mutierte er vor ca. zwei Wochen zu einem kleinen Monster und die eigentlich positiven Charakterzüge nahmen absolut (horror)filmreife Züge an.
Jetzt ist er plötzlich nicht mehr willensstark, sondern dickköpfig und stur, nicht mehr wild, sondern übermütig und provokant, nicht mehr wissbegierig, sondern neunmalklug und frech.
Heute im Supermarkt fragte mich ein älterer Herr scherzhaft in der Kassenschlange, ob man im Laden jetzt auch Kinder kaufen könne... ich war versucht, meins umzutauschen,echt. Ich befürchtete nur, daß man Nr. Eins in diesem Zustand leider nicht zurücknehmen würde.
Er stand heute morgen bereits sehr übellaunig auf. Er konnte sich plötzlich den Schlafanzug nicht mehr selbst ausziehen, auf Toilette gehen wollte er auch nicht, anziehen geht natürlich erst recht nicht.... und Mango zum Frühstück?! Bin ich denn völlig bescheuert? M a n g o. Dann muss er sich doch direkt die Hände wieder waschen, weil "Mango ist immer so klebrig!". Das ich sie in kleine Stücke im Joghurt unterrühren wollte, war egal. Er wollte nur Blaubeeren. Und zwar zehn Stück. Z e h n, Mama! Und keine mehr.
Zähneputzen "dauert immer soooo laaaaaaangeeeee", das Halstuch war doof und Mützetragen ist heute nicht drin.... und sowieso, eigentlich wollte er ja viel lieber den Minionspullover als den Piratenpullover anziehen.
Als Nr. Eins endlich mit meinem Mann in Richtung Kindergarten losgezuckelt war, hatte ich ein richtiges Rauschen im Ohr.
Mit bangem Herzen machte ich mich dann heute Mittag auf den Weg, um ihn wieder abzuholen. Ich hatte die naive Hoffnung, dass der Kindergarten seine Laune gebessert haben könnte... aber ich bekam das gleiche Kind vom Morgen zurück.
Er bekam direkt einen Anfall, weil er nasse Schuhe hatte (ja.... böse Pfütze, böse, böse Pfütze - wie er auch seinen SCHAL darin nass bekommen hat, weiß ich bis jetzt noch nicht) , dann eine Wutattacke mit Schreien und Kleidung werfen, weil ich nicht bereit war, ihm die Jacke vom Haken zu holen.... yaaaay. Kinder sind ein Segen. Ganz echt.
Als Nr. Zwei dann auch noch zu schreien anfing, weil es ihm zu lange dauerte, war ich kurz davor, mich ins selbsgebastelte Iglu der Kinder im Gruppenraum zu verkriechen und hysterisch kichernd vor und zurück zu wippen.
Lange Rede, kurzer Sinn, das Theater ging in dieser Form bis um 18:00 Uhr weiter.
Nr. Zwei hatte heute auch keinen guten Tag, alles war irgendwie wohl zu langweilig - oder er dachte sich, was sein großer Bruder kann, kann er auch.... und ich erwischte mich bei dem Gedanken: Junge, du kannst so froh sein, schon auf der Welt zu sein.... JETZT würde ich garantiert grade nicht nicht nochmal schwanger werden.
Zuhause überprüfte ich fünfmal, ob ich auch wirklich jede Pille diesen Monat genommen habe und überlegte, ob zusätzliche Kondome übertrieben wären.
Och mensch. Als wenn er es gerochen hätte.... (die Gedanken natürlich, nicht die Kondome).
Grade kommt Nr. Eins in die Küche gepoltert. "Du siehst wirklich toll aus, Mama!" brüllt er, warum auch immer, rennt gegen meine Beine, umarmt mich kurz und stürmt dann weiter. "Ich bin wie ein schnelles Rennauto, hast du das gesehen?" schreit er von oben und ich höre, wie er auf und ab springt.
Ich bin ein bisschen gerührt. Das hat die Natur wohl gut eingerichtet...
Ja, ich liebe meine Kinder. Und ich wollte es so - und würde mich auch immer wieder für sie entscheiden.